Folgender Artikel wurde am 22. April 2021 in der NOZ veröffentlicht.

Corona verschlimmert Lebenssituation

Osnabrücker Rat debattiert: Wie kann häusliche Gewalt verhindert
werden?

von Jana Derksen

Osnabrück. Die Corona-Pandemie hat die Lebenssituation vieler Frauen erheblich verschlimmert, nicht wenige werden zu Opfern von häuslicher Gewalt. Die im Osnabrücker Rat vertretenen Parteien wollen sich gemeinsam dafür einsetzen, daran etwas zu ändern. In einer aktuellen Stunde debattierten sie über das Wie.

Statistisch gesehen, müssen in der Region Osnabrück in jeder Woche rund 1,5 Frauen um ihr Leben fürchten und sind von schwerster körperlicher Gewalt bedroht – das berichtete die Frauenberatungsstelle Osnabrück kürzlich unserer Redaktion.

Die Corona-Einschränkungen verstärkten die Isolation zu Hause, es gebe mehr finanzielle Nöte, Existenzsorgen und steigende Aggression. Die Mitarbeiterinnen schlugen zuletzt im März Alarm: Die Zahl der Frauen, die anriefen und Misshandlungen, Traumata, häusliche und psychische Gewalt erleiden, ist demnach um ein Vielfaches gestiegen. Das Frauenhaus musste zudem im vergangenen Jahr 266 Frauen und Kinder abweisen, weil die Plätze belegt waren.

Hilfen „reichen nicht aus“

Die steigenden Beratungszahlen haben den Osnabrück Rat alarmiert. „Hinter den Zahlen stehen reale Frauen und ihr alltäglicher Horror. Das ist etwas, was wir hier in Osnabrück nicht haben wollen“, sagte die Frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Diana Häs, in der Aktuellen Stunde zum Thema „Gewalt an Frauen verhindern“.

Die Ratsfrau hatte im März einen parteiübergreifenden Antrag an die Verwaltung initiiert, der einstimmig beschlossen wurde. Ziel ist es, Maßnahmen zu finden, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern. Verbunden mit der Analyse, welche finanziellen Mittel dafür notwendig sind.

„Ich bin froh, dass wir in Osnabrück mit der Frauenberatungsstelle, dem Frauenhaus, dem Mädchenzentrum und -haus sowie einer aktiven Sozialverwaltung gute Strukturen haben. Aber offensichtlich reicht das nicht, um erfolgreich die Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen“, so Häs.

Maßnahmen gegen Gewalt finden

Eva-Maria Westermann (CDU) ergänzte, Gewaltprävention erfordere höchste Priorität. Dabei spielten Bildung und Erziehung eine entscheidende Rolle. „Jeder einzelne von uns ist gefragt, Gewalt an Frauen zu verhindern. Wir dürfen nicht wegschauen. Hier und jetzt sage ich allen Betroffenen in Osnabrück: Ihr seid nicht allein!“

Frank Henning (SPD) forderte ein offensives Vorgehen gegen psychische, körperliche und häusliche Gewalt. Er lobte die gute Zusammenarbeit von Polizei und Frauenberatungsstelle und forderte „künftig die Frauenberatungsstelle angemessen und personell aufzustocken“.

Politiker fordern offensives Vorgehen

Thomas Thiele (FDP) sieht auch den Bund in der Pflicht, mehr Geld in die Prävention von Gewalt gegen Frauen zu stecken. Als Beispiel nannte er mehr Aufklärung in Schulen. Pirat Nils Ellmers will, dass mehr Daten gesammelt werden, um „mehr Erkenntnisse über das Dunkelfeld zu gewinnen“.

Von den Linken wurde Giesela Brandes-Steggewentz konkret und rief auf zu handeln, wenn man Gewalt an Frauen beobachtet oder vermutet: „Klingelt, klopft, wenn ihr nebenan etwas hört, stört sie, die Männer, die meist hinter den verschlossenen Türen zuschlagen. Sprecht die Partner der Frauen an. Reagiert auf Hilferufe – sie sind ernst gemeint.“ Osnabrück brauche mehr Beraterinnen mit Sprachkompetenzen im Frauenhaus, gleichzeitig könne jeder selbst aktiv in der Stadt zu einem Präventionskonzept beitragen.

Auch Anke Jacobsen (Grüne) forderte mehr Plätze in Frauenhäusern und mehr Personal sowie Dolmetscher in der Frauenberatungsstelle.

Einig sind sich alle Parteien darin, dass man bei Gewalt gegen Frauen nicht wegschauen darf, sondern gehandelt und eingegriffen werden muss.

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Original Artikel: https://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/2290315/osnabruecker-rat-debattiert-wie-kann-haeusliche-gewalt-verhindert-werden
Veröffentlicht am: 22.04.2021 um 13:10 Uhr

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